Leitfaden - Landsknechte in der Historie

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Da sich alle modernen Landsknechtdarstellungen mehr oder noch mehr an den historischen Landsknechten orientieren, lohnt es sich einen knappen Blick auf die Entwicklung des Landsknechtwesens, ihre historischen Lebensumstände und Eigenheiten zu werfen bevor man die Detailfragen der modernen Landsknechtdarstellung angeht. Die folgenden Angaben sind sehr grob umrissen um den Rahmen nicht zu sprengen und keineswegs vollständig, und sollen eben nur einen Überblick liefern auf dessen Basis man sich genauer mit dem Thema beschäftigen kann.

Entwicklung des Landsknechtwesens

Die Ursprünge des Landsknechtwesens liegen im Reisläufertum, welches wiederrum seine Ursprünge in den militärischen Umwälzungen des Spätmittelalters hat, etwa ab dem vierzehnten Jahrhundert. In diesem trat zum einen die Aushebung von größeren Söldnerheeren als Ergänzung von Ritterheeren der feudalen Tradition auf, welches eine maßgebliche Neuerung auf der organisatorischen Ebene des Kriegswesens darstellte. Andererseits zeigte sich zunehmend, dass mit langen Stangenwaffen ausgerüstete und disziplinierte Heeresformationen den klassischen Ritterheeren standhalten konnten. Das Prinzip des Hire&Fire von nicht mehr zwingend an Lehnseide gebundenen und somit vieler Loyalitäten befreiter Kriegstagelöhner setzte sich als Folge des ersteren durch, eine Wandlung der Waffengattungen im Kriegswesen als Folge des zweiter. Die gesellschaftlichen Entwicklungen des zunehmenden Söldnerwesens war ein weiterer Effekt dessen.
Die ersten die diese Entwicklungen perfektionierten waren die Schweizer mit ihren Reisläufern, die einerseits am Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts die berühmt-berüchtigsten Söldnertruppe der westlichen Welt waren und andererseits militärisch derart überlegen, dass sie die Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft gegen die Herrschaftsansprüche alter Mächte durchsetzen konnten. Der Aufstellung mehrerer gestaffelter Reihen mit langen Spießen bewaffneter Kämpfer hatte die klassische Kriegsführung wenig entgegenzusetzen und neuere Gegenmittel waren noch nicht weit genug entwickelt um die Spießerphalanx brechen zu können. Gegen Ende des fünfzehnten Jahrhunderts wurden zahlreiche Eigenheiten des Reisläufertums von den Landsknechten übernommen und weiterentwickelt.
Die Landsknechte sollten sich zum Phänomen ihrer Zeit entwickeln und vor allem im sechzehnten Jahrhundert die Schlachtfelder Europas dominieren, wobei sie erstens keine homogene Gruppe waren, sondern eine Vielzahl von Söldnertruppen bis hin zum einzelnen Lohnkämpfer, und zweitens stritten sie unter wechselnder Fahne. Die Hire&Fire-Mentalität der Lohnherren dieser Söldner und die Natur der Konflikte führte dazu, dass sich Landsknechte und Reisläufer schnell einen Ruf als einerseits exzellente Kämpfer erarbeiteten, andererseits als Plünderer und Verwüster ganzer Landstriche.
Gegen Ende des sechzehnten Jahrhunderts hatten sich Taktik und Organisation der Landsknechtheere in ganz Europa durchgesetzt was zum Verlust der herausragenden Stellung der deutschen Landsknechte führte, es häuften sich Übergriffe von Landsknechten bei Ausbleiben des Solds und die militärischen Entwicklungen, sorgten dafür, dass Spießerformationen auf europäischen Schlachtfeldern ihre Dominanz verloren. Im Dreissigjährigen Krieg selbst erlebte das Prinzip des Söldners mit Spießwaffe in Kombination mit leichter Artillerie und Handfeuerwaffen noch einmal eine Hochzeit, wurde danach jedoch flächendeckend durch die Einführung von stehenden Heeren verdrängt, in denen vor allem die leichte und schwere Artillerie maßgebliche Rollen spielten.

Gesellschaftlicher Hintergrund

Der Stereotyp des Landsknechts war zu jeder Zeit der Frühen Neuzeit ein Angehöriger der nicht vermögenden Bevölkerungsschichten, meistens Bauer oder Tagelöhner, oft auch einfacher Handwerker vom Land, weniger aus der Stadt. Der Landsknecht im engeren Sinne entstammte den Ländereien die dem Heiligen Römischen Reich angehörten, also den vornehmlich deutschsprachigen Territorien die heute in den Staaten Deutschland und Österreich aufgegangen sind, sowie Südtirol. Zwar gab es auch ähnliche Söldner in anderen Ländern, jedoch wurden diese meist nicht Landsknecht genannt sondern hatten ihren Ursprungssprachen entsprechende Namen.
Der Kriegsdienst als Söldner galt diesen Menschen als Möglichkeit aus Armut und Fronabhängigkeit zu entkommen und durch Sold und Beute zu Reichtum zu gelangen. Zudem war der Dienst am Spieß relativ einfach zu erlernen, was das Landsknechtdasein für viele noch attraktiver machte. Die Bildung dieser Menschen war zumeist sehr gering, die wenigsten konnten Schreiben oder Lesen. Der Glaube spielte, unabhängig von der Konfession, für diese Menschen eine große Rolle, weshalb Kriegszüge oftmals je nach Einsatzort mit Pilgerfahrten kombiniert wurden oder Auftraggeber oft der eigenen Konfession entsprechend ausgewählt wurden. Zwar gab es durchaus Protestanten die im Dienst eines katholischen Kriegsherrn standen, jedoch war dies eher Ausnahmen in Zeiten großer religiöser Konflikte in Europa.
Es konnten sich auch Adelige verschiedenen Standes in den Reihen der Landsknechte befinden, oft waren dies verarmte Angehörige des Landadels oder deren Vasallen, die den Dienst als Söldner einträglicher betrachteten als den Dienst am Lehnsherrn. Obwohl die Söldnerheere abseits der traditionellen Gesellschaftsordnung standen fanden sich auch in ihnen die üblichen Hierarchien wieder: Adelige stellten die Hauptleute, das gemeine Volk fand sich in den niederen Rängen wieder. Zwar waren die Ränge durchlässiger als in den traditionellen Heeren, allerdings brachten es nur wenige, besonders diensteifrige und talentierte Söldner zu Höherem, wenige gar in den Ritterstand.

Frauen in Söldnerheeren

Frauen waren auch in Söldnerheeren zumeist traditionellen Rollenmustern unterworfen. Vor allem Hauptleute und Zivilisten führten ihre Ehefrauen und Familien im Tross mit. Die Frauen beschäftigten sich oft mit der Instandhaltung des 'Hausstands', als Marketenderinnen oder mit allerlei Tagewerk das Frauen zugestanden war. Der gemeine Söldner verdiente selten genug um eine Familie zu ernähren, weshalb ihm oft nur die 'Beziehung' zu einer Hure möglich war. Über dieses Klischee hinaus fanden sich allerdings relativ oft gewisse Zweckgemeinschaften zwischen einem Söldner und einer Frau im Tross, überliefert sind sogar Fälle in denen die Frau an Plünderungen teilnahm wenn der Mann in der Schlacht verwundet wurde. Generell lässt sich sagen, dass das Leben für Frauen im Tross eines Söldnerheeres ebenso entbehrungsreich war wie für die Söldner selbst.
Aus der Historie gibt es keinen einzigen überlieferten Fall in dem Frauen aktiv am Kampfgeschehen teilnahmen. In modernen Adaptionen wird darüber oft hinweggesehen um Frauen nicht von der Darstellung auszugrenzen.

Waffengattungen im Söldnerheer der Frühen Neuzeit

Wer sich einmal mit mittelalterlichen Heeren beschäftigt hat, und danach einen Blick auf die Söldnerheere der Frühen Neuzeit wird feststellen, dass sich in vergleichsweise kurzer Zeit einige Veränderungen im Kriegswesen ergeben haben. In der Fachliteratur wird dies von einigen als 'militärische Revolution der Frühen Neuzeit' bezeichnet, hier wollen wir es so zusammenfassen: weg von gepanzerter Kavallerie hin zu Spießstarrender Infanterie, weg von Pfeilhageln hin zu Artillerie und Handfeuersalven, weg von territorial und loyal gebundenen Vasallenheeren hin zum flexiblen Söldnerheer für Jedermann gegen Jedermann.
Die Kriegsführung konzentrierte sich in dieser Zeit massiv auf die Infanterie, es gab letztlich Schlachten in denen Kavallerie entweder gar nicht teilnahm oder nur als Aufklärung, da sich jeglicher Nutzen gegen die spießstarrenden Gewalthaufen der Reisläufer und Landsknechte verflüchtigt hatte.
Hauptwaffe der Infanterie war zwei Jahrhunderte lang vornehmlich eine mehrere Meter lange Stangenwaffe mit der man sich den Gegner so weit wie möglich vom Leib hielt. Von diesen Stangenwaffen gab es, je nach Phase, verschiedene Variationen auf die später noch eingegangen werden soll. Für den Fall eines Durchbruchs hatte der Söldner noch zwei Waffen für den Nahkampf, eine Kurzschwertartige und eine Dolchartige.
Neben der Spießinfanterie gab es noch eine Vielzahl anderer Waffengattungen die in der Formation aufgestellt wurden und zumeist dann zum Einsatz kamen wenn die Spießformation noch nicht durchbrochen war, aber kurz davor stand oder sich einzelne Gegner durch die Piken durchdrängen konnten. Offensiv wurden solche Kämpfer dazu eingesetzt Gassen in feindliche Pikeniersformationen zu schlagen damit die eigenen Truppen sich nicht an diesen aufrieben. Die Kavallerie erlitt zu der für uns relevanten Zeit einen massiven Bedeutungsverlust, gepanzerte Ritter und Lanzenreiter hatten einer Spießformation wenig entgegenzusetzen und in den Anfängen der Frühen Neuzeit waren Handfeuerwaffen noch zu unhandlich um von Reitern eingesetzt zu werden. Dies änderte sich mit der Entwicklung von technisch immer feineren Handfeuerwaffen wie den ersten Pistolen, die auch von der Kavallerie eingesetzt wurde. Seine ursprüngliche Übermacht auf dem Schlachtfeld sollte die Kavallerie jedoch nie wieder erringen und so spielte diese im Krieg vornehmlich in der Aufklärung eine tragende Rolle.
Die Artillerie erlebte in der Frühen Neuzeit eine erste Blüte, war jedoch noch weit von dem entfernt was im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert ganze Länder in Schutt und Asche legte. Zwar wurden explosionsgetriebene Geschosse schon im Mittelalter eingesetzt, jedoch war die Technik dieser Artillerie noch so unausgereift, dass es zumeist nur beim psychischen Effekt blieb, des 'shock 'n' awe', der den Gegner demoralisieren sollte. An Handfeuerwaffen war zuerst nicht zu denken, da selbst die kleinsten Kaliber noch mehrere Zentner wogen, und so erhielten Bögen und Armbrüste noch bis zum Ende des fünfzehnten Jahrhunderts ihre Bedeutung auf dem Schlachtfeld. Im Ende desselben Jahrhunderts erlangten Handfeuerwaffen ihre erste technische Reife und verdrängten im Laufe des folgenden allmählich andere Arten. Die noch nicht ausgereifte technische Entwicklung von Artillerie und Handfeuerwaffen war es auch, die Reisläufer und Landsknechte im fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert die Schlachtfelder absolut dominieren ließ, erst als es möglich war durch genauere und schlagkräftigere Artilleriesalven und Handfeuerbeschuss Spießerformationen zu zerschlagen hatte man ein wirksames Gegenmittel gefunden, das im Dreißigjährigen Krieg schließlich zu einer neuen Dominanz der schweren und leichten Artillerie und vor allem von Handfeuerwaffen führte, was letztlich in den stehenden Heeren Europas resultierte, die vornehmlich mit Handfeuerwaffen ausgerüstet waren. Spießerformationen verschwanden bis zum Ende des siebzehnten Jahrhunderts fast vollständig von den Schlachtfeldern der alten Welt.

Die Organisation von Söldnerheeren in der Frühen Neuzeit

Die Organisation der Söldnerheere unterschied sich in der Führungsebene nicht großartig von den klassischen Heeraufgeboten des Mittelalters, in den unteren Ebenen allerdings fundamental. Wollte ein mittelalterlicher Fürst ein Heer aufstellen stellte er aus seinen eigenen Ländereien selbst Truppen zusammen und ließ von seinen untergebenen Vasallen eigene Aufgebote an Rittern mit angeschlossenem Fußvolk aufstellen, was zusammengenommen schließlich seine Armee ergab. Warb der Fürst dazu noch Söldner an nahmen diese meist die Stelle eines weiteren Vasallen ein, nur war dieser nicht durch einen Eid an ihn gebunden sondern einen Vertrag, der dem Fürsten einerseits die Kampfkraft der Söldnertruppe für einen genau festgelegten Zeitraum/Feldzug zusicherte, und den Söldnern selbst die Zahlung von Sold und einem Anteil an der Beute.
Im Laufe der Frühen Neuzeit übernahmen die Söldnertruppen, die für den Soldherrn/Fürsten kämpften, immer mehr die Positionen klassischer Heeresaufgebote bis sich im Dreißigjährigen Krieg schließlich Armeen gegenüberstanden die sich beinahe nur noch aus Söldnerkontingenten zusammenstellten. Der Soldherr konnte je nach Dimension des Konflikts ein reicher Privatmann sein, der sich drei Söldner zum Schuldeneintreiben leistete, der Bürgermeister einer Stadt, der zur Verteidigung seiner Gemeinde eine Söldnertruppe verpflichtete oder sogar der Kaiser des Heiligen Römischen Reichs der seinen Anspruch auf ein Territorium mit Hilfe einer kompletten Armee aus Söldnern durchsetzen wollte.
Bestand das klassische Heeraufgebot eines Fürsten aus einer Anzahl von Vasallen mit deren Aufgeboten und Untervasallen mit wiederrum eigenen Unteraufgeboten, spiegelte sich dies in einer größeren Söldnertruppe nur bedingt wieder. Zwar bestanden die Söldnerheere auch aus einer komplexen Hierarchie von Aufgeboten und Untergruppen, war die Zusammensetzung sehr viel flexibler organisiert:
Die kleinstmögliche Einheit war der einzelne Söldner, der seine Dienste direkt einem Soldherrn anbot und den Sold von diesem kassierte, die nächstgrößere war ein ranghöherer Söldner der eine kleinere Gruppe an Söldnern zusammenstellte und diese in den Dienst eines Soldherrn führte, den Sold von diesem kassierte und an seine Untergebenen Söldner verteilte, die darauffolgende wiederrum ein ranghöherer Söldnerführer der mehrere Söldnergruppen (oft Rotten genannt) unter sich vereinte und an den Mann brachte... und so weiter und sofort, bis man schließlich bei einer kompletten Söldnerarmee unter einem ranghohen Söldnerführer ankam, die mehrere tausend Mann stark sein konnte, sämtliche oben aufgeführten Waffengattungen vereinte und Unsummen an Sold und Unterhalt vom Soldherrn verlangte.
Eine komplexe Darstellung der möglichen Hierarchie in einer solchen Söldnerarmee ist auf der folgenden Seite dargestellt. Diese ist aus Darstellungen der historischen Literatur zusammengestellt, hat jedoch keinen universellen Geltungsanspruch da es sehr viele Variationen gab. Diese fand auf LARP-Veranstaltungen mit Landsknechtbeteiligung allerdings schon Anwendung.